Der jüngste „Spross“ der Volksbank GHB ist die Spar- und Darlehnskasse Oldendorf. Diese wurde 1929 gegründet und fusionierte 1971 mit der Raiffeisenbank Bissendorf eG. Von der Spar- und Darlehnskasse eGmbH zu Oldendorf haben wir zwar keine Akten in den Kellern und Schränken der Volksbank finden können, jedoch eine Akte im Amtsgericht in Osnabrück, die uns einiges über die Genossenschaftsbank erzählt:

Die Spar- und Darlehnskasse eGmuH in Oldendorf Kreis Melle wurde am 29. Juni 1929 gegründet, damit (über) 20 Jahre später als die anderen Vorgängerinstitute. Die Gründung fällt damit in eine wirtschaftlich schwierige Zeit. Der Zeitpunkt der Gründung ist nicht völlig untypisch – wir finden anderenorts auch Gründungen in den 1920er Jahren, teils unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg, teils während der Inflation Anfang der 1920er Jahre.1 Auch wenn man Auflösungen von Genossenschaften mit berücksichtigt, steigt die Zahl der Genossenschaftsbanken im deutschen Reichsgebiet noch bis Ende der 1920er Jahre stetig. 1890 bestanden etwa 3.500 Genossenschaftsbanken, 1900 bereits mehr als drei Mal so viele (rund 11.500) und 1920 mehr als 20.000 Banken. Bis Ende der 1920er Jahre stieg die Zahl nochmals um einige Hundert, auf mehr als 22.000. Betrachtet man die Entwicklung der Mitgliederzahl des Verbandes hannoverscher landwirtschaftlicher Genossenschaften e.V., dann zeigt sich eine richtige Welle an Neuzugängen zwischen 1919 und 1929, mit Höhepunkt in 1924, einem leichten Abflachen 1926/27/28.2

Öffentlich Bekanntmachung des Amtsgerichtes Melle (Quelle: AG)

 

Betrieb einer Spar- und Darlehnskasse zum Zweck der Abwicklung von Geldgeschäften für den Geschäfts- und Wirtschaftsbetrieb und der Erleichterung der Geldanlage und Förderung des Sparsinns.

Anwesend war der Verbandsrevisor Pfingsten aus Hannover, Mitarbeiter des Verbandes hannoverscher landwirtschaftlicher Genossenschaften. Die Formulare zur Gründung – Protokoll, Liste der Genossen usw. – wird er mitgebracht haben, entsprechen diese doch den bekannten Vordrucken. Geleitet wurde die Gründungsversammlung von August Meyer aus Westerkampen, der den Verbandsrevisor zum Schriftführer August Menke (Oldendorf) und Heinrich Siebert (Oldendorf) zu Stimmzählern ernannte.

Von den elf abgegebenen Stimmen – elf Männer waren an der Gründung beteiligt – wurden jeweils einstimmig folgende Personen in den Vorstand und Aufsichtsrat gewählt:

Vorstand:

  • Hofbesitzer August Meyer
  • Hofbesitzer Heinrich Läkamp (Föckinghausen)
  • Hofbesitzer Heinrich Siebert
  • Zimmermeister Friedrich Wortmann (Oldendorf)
  • Hofbesitzer Karl Eickhoff (oberholsten)

Aufsichtsrat:

  • Neubauer August Menke
  • Colon Carl Schlendermann (Oldendorf) [Colon = Bauer, Pächter eines Erbzinsgutes / Erbpachthofes]
  • Colon Karl Nienhüser (Oberholsten)
  • Landwirt Adolf Eickhoff (Föckinghausen)
  • Gastwirt Karl Dierker (Oldendorf).
Liste der Genossen zum Zeitpunkt der Anmeldung der Genossenschaft beim Amtsgericht (Quelle: AG)

 

Anders als in Bissendorf waren bei der Gründung in Oldendorf weder Geistliche noch Lehrer engagiert, ausschließlich Landwirte (Hofbesitzer, Colon, Neubauer), ein Gastwirt, ein Malermeister und ein Kaufmann. Auch hier regelt das Musterstatut, das der Verband für die Gründung von Spar- und Darlehnskassen zur Verfügung stellte, wer die Mitgliedschaft erwerben durfte, oder auch das Geschäftsgebiet, Wahlmodalitäten und Kreditgrenzen usw. Das erste Statut bzw. eine Abschrift ist ebenfalls beim Amtsgericht überliefert. Das einzige Gründungsprotokoll, das wir zu allen Vorgängerinstituten der heutigen Volksbank GHB finden konnten, ist das Gründungsstatut der Spar- und Darlehnskasse Oldendorf.

Seite 1 des Protokolls über die Gründung der Spar- und Darlehnskasse eGmuH in Oldendorf, 29. Juni 1929 (Quelle: AG)

 

 

1. Siehe z.B. https://blog.grafschafter-volksbank.de/2018/06/22/unser-stammbaum/.

2. Siehe etwa Kluge, Arnd Holger: Geschichte der deutschen Bankgenossenschaften. Zur Entwicklung mitgliederorientierter Unternehmen (Schriftenreihe des Instituts für Bankhistorische Forschung 17), Frankfurt am Main 1991, Tabelle 4; vgl. auch Reichsverband der deutschen landwirtschaftlichen Genossenschaften – Raiffeisen – e.V.: Taschenbuch für landwirtschaftliche Genossenschaften, 7. Auflage Berlin 1931; für Niedersachsen / den Verband hannoverscher landwirtschaftlicher Genossenschaften e.V. Bussen, Franz (Bearb.): Der Verband hannoverscher landwirtschaftlicher Genossenschaften e.V. zu Hannover von 1914-1929 (Fortsetzung der Festschrift zum 25jährigen Bestehen des Verbandes), Hannover (1929), S. 15, Tafel 1.