Zum „Betrieb einer Spar- und Darlehnskasse zum Zwecke der Abwicklung von Geldgeschäften für den für den Geschäfts- und Wirtschaftsbetrieb und der Erleichterung der Geldanlage und Förderung des Sparsinns“ war 1929 in Oldendorf eine Spar- und Darlehnskasse gegründet worden. Über die Gründung haben wir bereits berichtet.
Sehr viel – aber weit mehr als über manche andere Genossenschaft – wissen über diese Genossenschaftsbank nicht, lediglich Akten, die ans Registergericht beim Amtsgericht Bad Iburg zu senden waren, z.B. Protokollabschriften, Statuten, Mitgliederlisten (Liste der Genossen), Bescheinigungen (etwa über die Revision) und Bilanzen, sind überliefert. Zudem das Register bzw. Registerauszüge. Auch erhalten ist eine Abschrift des ersten Statuts, auf dem alle Namen der Gründer zu finden sind.
Die Registerakten enthalten also den Schriftwechsel zwischen Amtsgericht und Bankgenossenschaft. Andere Akten, die Auskunft über die Geschichte der Genossenschaft geben, haben wir leider nicht finden können…
Aus den Akten beim Amtsgericht: Satzungsänderungen und Vorstandswechsel
Der erste Registereintrag, der nach dem Eintrag anlässlich der Gründung erfolgte, wurde 1935 vorgenommen. Anlass war die Einführung des Einheitsstatuts des Reichsverbandes, das alle Genossenschaften mit der ‚Gleichschaltung‘ des Genossenschaftswesens einzuführen hatten – mehr lesen Sie in einem unserer anderen Beiträge. Der Beschluss zur Annahme des Einheitsstatutes erfolgte auf der Generalversammlung am 23. März 1935. Zeitgleich änderte man die Firma von Spar- und Darlehnskasse eingetragene Genossenschaft mit beschränkter Haftpflicht in Oldendorf Kreis Melle in Spar- und Darlehnskasse Oldendorf Kreis Melle eingetragene Genossenschaft mit beschränkter Haftpflicht zu Oldendorf.
1936 ließ die Genossenschaft eine weitere (Satzungs-)Änderung eintragen, die zuvor von der Generalversammlung beschlossen wurde (anderenfalls hätte die Änderungen nicht eingetragen werden können):
- „Willenserklärungen und Zeichnungen für die Genossenschaft erfolgen durch zwei Vorstandsmitglieder, unter denen sich der Vorsitzende oder sein Stellvertreter befinden muss„.
- „Durch Beschluss der Generalversammlung vom 27. März 1936 ist August Meyer zum Vorsitzenden und der Heinrich Siebert zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt worden„. Bei dieser Eintragung scheint es zwischen der Auffassung der Genossenschaft bzw. des Verbandes und der Rechtsauslegung des Amtsgerichtes Meinungsverschiedenheiten gegeben haben: Es findet sich in der Registerakte ein Schreiben der Spar- und Darlehnskasse an das Amtsgericht, dass ergänzend erklärt, dass laut Schreiben der Landesgenossenschaftsbank Hannover ein Vorstandsvorsitzender und ein Stellvertreter zu wählen seien und daher Meyer und Siebert bestellt worden seien, um in der Generalversammlung gewählt zu werden. Allerdings findet sich in der Registerakte ein Schriftverkehr, woraus zu entnehmen ist, dass diese Praxis nicht dem Genossenschaftsgesetz entsprach und daher dieser Änderung nicht eingetragen werden konnte…
- „Bekanntmachungen erfolgen unter der Firma der Genossenschaft gezeichnet von zwei Vorstandsmitgliedern, im Wochenblatt der Landesbauernschaft Hannover und bei dessen Eingehen im Deutschen Reichsanzeiger“ – heißt: Alle wesentlichen, formalen Änderungen, die die (Satzung der) Genossenschaft betrafen, waren zu veröffentlichen. Die Verantwortlichen der Spar- und Darlehnskasse Oldendorf sollten dies fortan über die Mitgliederzeitschrift der Landesbauernschaft Hannover machen.
Die Generalversammlung 1938 fand am 27. März im Gasthaus Hakemeyer statt. Eröffnet wurde die Versammlung vom Aufsichtsratsvorsitzenden A. Eickhoff. Unter TOP 6 wurde die Erweiterung des Geschäftsbezirkes beschlossen, wonach nun Personen mit Wohnsitz in den Kreisen Melle, Wittlage und Osnabrücker-Land die Mitgliedschaft erwerben konnten. Wie anderen Orts wurde auch hier das Einheitsstatut genutzt und damit der Personenkreis eingeschränkt: Auf „Personen, arischer Abstammung“.
Ebenfalls im Gasthaus Hakemeyer fand die Generalversammlung am 11. April 1939 statt. Laut Beschluss der Generalversammlung vom 11. April 1939 war in § 2 Absatz 3 des Statutes der Satz ‚Gemeinwohl geht vor Eigennutz‘ durch ‚Einer für alle‘ ersetzt worden. Eine weitere Eintragung löst – so eine erste Interpretation – die Verbindung mit der Zentralkasse in Hannover auf: In § 57 der Satzung hatte die Genossenschaft den Beitritt zur Hauptgenossenschaft eGmbH Hannover gestrichen. Zudem beschloss die Generalversammlung, die Erweiterung des Aufsichtsrates von vier auf sechs Mitglieder. Neu hinzugewählt wurden daraufhin der Holzhändler Fritz Nienhüser und der Bauer Karl Seifker. Diese Änderung macht Sinn vor dem Hintergrund der Ausweitung des Geschäftsgebietes – gehörte doch schon zum Konzept Raiffeisens eine effektive Verteilung der Aufsichtsratsmitglieder über das Geschäftsgebiet, um Kreditnehmer im Blick zu haben und Personen, die einen Kredit beantragten, auf ihre Kreditfähigkeit und ihre Kreditwürdigkeit hin bewerten zu können.
In der ordentlichen Generalversammlung am 6. August 1944 wurde der Bauer Franz Knapmeyer (Oldendorf) neu in den Vorstand gewählt, da das Vorstandsmitglied Heinrich Läkamp (Bauer aus Fökinghausen) „um seinen Rücktritt gebeten“ hatte. „Aus der Versammlung heraus wurde der Vorschlag gemacht, den (…) Knapmayer (…) in den Vorstand durch Zuruf zu wählen. Einspruch erfolgte nicht. Die Wahl erfolgte einstimmig. Der gewählte nahm die Wahl an„, so ist in einer Protokollabschrift von November 1947 zu lesen (Schreiben der Spar- und Darlehnskasse Oldendorf an das Amtsgericht vom 10. Nov. 1947).
Der Schriftverkehr zwischen Amtsgericht und Genossenschaft war in diesen Jahren ziemlich zäh. Immer wieder reichte die Genossenschaft nicht beglaubigte Abschriften ein, was das Amtsgericht monierte. Die rechtskräftige Eintragung erfolgte daher oft erheblich zeit verzögert…
Unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges mussten die Dinge neu geordnet werden: Im Juli 1945 schied der Bauer Karl Eickhoff (Oberholsten) aus dem Aufsichtsrat aus, zeitglich der Holzhändler Fritz Nienhüser (Oberholsten) aus dem Vorstand.
Am 31. Oktober 1945 änderte die Generalversammlung das Statut, strich zunächst den Zusatz „arischer Abstammung“, der im Sinne der NS-Ideologie im Statut hatte aufgenommen werden müssen. § 3 lautete nun: „Die Mitgliedschaft können erwerben: Alle Personen, welche sich durch Verträge verpflichten können, im Besitz der bürgerlichen Ehrenrechte sind und ihren Wohnsitz in der Landgemeinde Oldendorf haben.“ In der Samtgemeinde Oldendorf (ab 1972 Stadtteil von Melle) lebten zu diesem Zeitpunkt nicht ganz 3.000 Einwohner.
Ein paar Zahlen
Schauen wir noch auf die zahlenmäßige Entwicklung der Spar- und Darlehnskasse. Die Zahl der Mitglieder war relativ konstant, wobei es durchaus Jahr für Jahr Neuzugänge gab, die sich jedoch meist die Waage mit den Austritten hielten, so dass ein wirkliches Mitgliederwachstum nicht stattfand. 1935 hatte die Genossenschaft den Geschäftsbezirk erweitert (siehe oben), was sich zunächst auf das Wachstum positiv auswirkte, dann aber wieder stagnierte die Mitgliederentwicklung… Sicherlich nicht zuletzt den Ereignissen des Zweiten Weltkrieges geschuldet. Wir können jetzt nur mutmaßen, dass bei verstorbenen Mitgliedern die Witwen oder Kinder die Mitgliedschaft ‚übernahmen‘, da anderenfalls ein Kredit hätte zügig zurückgezahlt werden müssen, da das Aktiv-Geschäft mit Nicht-Mitgliedern gesetzlich verboten war.
Da sich in den Akten beim Amtsgericht alle Jahresabschlüsse als Abschrift und auch alle Geschäftsberichte für die Spar- und Darlehnskasse befinden, können wir auch viele andere Daten zur Entwicklung der Genossenschaft zusammentragen. Das ist leider nicht immer der Fall…