Leider fehlen uns auch hier viele schriftliche Quellen, um die Zeit zwischen der Weltwirtschaftskrise und dem Ende des Zweiten Weltkrieges für die damaligen Vorgängerinstitute der Volksbank GHB wirklich untersuchen zu können und mehr darüber zu schreiben.

Die „Machtübertragung“ (1933) an das NS-Regime veränderte vor allem die politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für die Kreditgenossenschaften. Mit der Eingliederung der Genossenschaftsverbände in den Reichsnährstand im Jahr 1934 griff nun der NS-Apparat bis auf die Primärgenossenschaften durch. Gerade die Mittelstandsorientierung und die demokratischen Prinzipien standen im Widerspruch zur NS-Ideologie. Die Genossenschaften mussten ab 1934 ein so genanntes Einheitsstatut annehmen, das auf dem Führerprinzip und Elementen der NS-Ideologie (Gemeinnutz vor Eigennutz) basierte. Damit waren in der Regel auch Vorstand und Aufsichtsrat der Genossenschaften neu zu wählen – alle amtierenden Gremienmitglieder und der Rechner (sofern er nicht dem Vorstand angehörte und daher sein Amt zur Verfügung stellen musste). Nicht überall wurden jedoch diese Neuwahl durchgeführt (das Ganze offenbar absichtlich vergessen). An anderen Stellen wiederum ist expressis verbis das Wort „Gleichschaltung“ zu finden und die Wahlen wurden entsprechend diesem neuen Einheitsstatut vorgenommen – häufig allerdings ohne dass sich etwas an der Zusammensetzung der Gremien änderte.1

Im Protokollbuch über die Generalversammlungen der Spar- und Darlehnskasse Hagen eGmuH finden sich alle Jahre nach der einstimmigen Annahme des Einheitsstatutes für ländliche Kreditgenossenschaften, das der Verband ländlicher Genossenschaften Hannover-Braunschweig herausgab, nur Hinweise auf regulären Ersatzwahlen für Gremienmitglieder, die wegen Ablauf der Amtszeit neu gewählt werden mussten.

16. September 1934: Einstimmige Annahme des Einheitsstatutes bei der Spar- und Darlehnskasse Hagen
Seite 1 des 1934 in Hagen eingeführte Statutes
Seite 2 des Statutes von 1934

1935 schied Kaspar Schulte to Brinke, der schon zu den Gründern der Genossenschaft gehört hatte, nach 15-jähriger Tätigkeit im Vorstand aus diesem aus – vermutlich aus Altersgründen. Neu gewählt wurde Heinrich Meyer to Bergte (Bauer), der bis 1976 als Vorstand der Spar- und Darlehnskasse Hagen tätig war. Lehrer Georg Klumpe, der Rektor der Hagener Volksschule, gehörte seit 1923 dem Vorstand an. Er schied 1948 aus dem Gremium aus. Hans Büscher, bis 1936 Geschäftsführer / Bankleiter, war seit 1924 auch Mitglied des Vorstandes. Er übergab zwar 1936 das Amt des Rentanten an seinen Sohn, Hans August Büscher, blieb aber bis 1946 Mitglied des Vorstandes. Die gleiche Kontinuität finden wir bei den Aufsichtsratsmitgliedern: Bauer Heinrich Otte, seit 1923 Mitglied des Aufsichtsrates, verstarb 1933. Für ihn wurde Maurermeister Friedrich Schönhoff gewählt. Infolge seines Todes im Jahr 1940 wählten die Mitglieder den Maurermeister Heinrich Ehrenbrink neu in den Aufsichtsrat. Kriegsbedingt wurde die Genossenschaft zunehmend nicht mehr als Kreditinstitut benötigt, auch die Teilnahme an der Generalversammlung ging massiv zurück – die Sorgen waren andere. Von 241 Mitgliedern erschienen bei der Generalversammlung nur acht.

Protokolle aus dem Jahr 1944: Die Versammlung mit dem Führer-Gruß eröffnet.

 

Die gleiche personelle Kontinuität finden wir bei der Spar- und Darlehnskasse Kloster Oesede: Die Vorstandsmitglieder Johannes Brunemann (Bauer) und Ludwig Eggemann (Bauer) gehörten seit 1924 dem Vorstand an, Georg Steinfeld (Seiler) seit 1927. Alle drei schieden in den 1950er Jahren aus dem Vorstand aus. Der Kaufmann Franz Lietmeyer war seit 1922 im Vorstand der Spar- und Darlehnskasse. Er und seine Familie starben am 7. Mai 1944 bei einem Luftangriff auf Kloster Oesede.2 Neu in den Aufsichtsrat wählten die Mitglieder an seiner Stelle Eberhard Schweer (Klempnermeister), der bis 1971 dem Aufsichtsrat angehört.

Da wir für die Spar- und Darlehnskasse Kloster Oesede gar keine Originalakten mehr haben, orientieren wir uns an der Festschrift „100 Jahre Volksbank Georgsmarienhütte-Hagen“ aus dem Jahr 1994. Hier ist einiges über den Geschäftsbetrieb der Genossenschaftsbank in den 1930er und 1940er Jahren aufgeschrieben:

Anlässlich der Revisionsschlußsitzung am 25.05.1934 wurde erstmalig ein betrag von 15.200 RM für das Jahr 1933 für eine Wertberichtigung auf Forderungen eingesetzt. Im Jahr 1934 bezog der Rendant [Johannes] Peping ein monatliches Gehalt in Höhe von 200 RM. Eine zusätzliche monatliche Entschädigung in Höhe von 35 RM erhielt Peping als Miete und als Beihilfe für Reinigung, Heizung und Beleuchtung seiner für den Geschäftsbetrieb zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten. Gewissenhaft wurden alle Prüfungen, alle Revisionen und alle Inventuren protokollarisch festgehalten und beurkundet. Im Inventurprotokoll vom 31.12.1934 tauchen neben vielen Beträgen und Einrichtungsgegenständen auch eine Bleistiftspitzmaschine und ein Tintenfaß auf. Die gesamteinlagen des Jahres 1934 betrugen 140.129,09 RM, die Gesamtforderungen im gleichen Jahr 143.923,79 RM – die Differenz machte das Eigenkapital der Bank aus.3

1934 trat – als Folge der Bankenkrise im Jahr 1931 – das Kreditwesengesetz in Kraft, das freilich auch für Genossenschaftsbanken galt. Das Geschäft der ländlichen Spar- und Darlehnskassen beschränkte sich in der Regel weiter auf Darlehn, Kontokorrentkredite, abgesichert durch Bürgschaften und Schuldscheine, durchaus aber auch durch Eintragungen in der Grundbuch (Hypothekarkredite). Eine lokale Betrieb gerieten in den 1930er Jahren in Schwierigkeiten, es kam teils sogar zu Zwangsversteigerungen. Die Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder hatten dann an den Versteigerungen beim Amtsgericht in Iburg teilzunehmen. 1940 wurde das Statut geändert, der Erwerb der Mitgliedschaft beschränkt „auf alle Personen, die die blutsmäßigen Voraussetzungen für den Erwerb der vorläufigen Mitgliedschaft erfüllen“. Die Autoren der Festschrift von 1994 schreiben, dass die Protokolle in dieser Zeit „nur ganz spärliche Informationen“ zum Leben oder zum Geschäftsbetrieb unter der NS-Herrschaft lieferten: „Kein Wort über Hitler (…) kein (…) wiederkehrender Gruß an den Führer. Nur einige wenige Indizien“, die „Zeugnis von der damaligen Zeit“ gaben.4

Die Einlagen stiegen während des Zweiten Weltkrieges (wofür hätte man Kredite gebraucht, Investitionsmöglichkeiten gab es keine…): 1943 beliefen sich die Einlagen bei der Spar- und Darlehnskasse Kloster Oesede auf 1,32 Mio. RM, 1945 auf 2,32 Mio. RM. Nach dem Zweiten Weltkrieg war ein erster Schritt nach vorn die Änderung der Rechtsform von eGmuH in eGmbH, heißt: Künftig war die Haftung beschränkt, das einzelne Mitglied haftete nicht mehr mit seinem ganzen Vermögen, sondern nur noch bis zu der Höhe der Haftsumme des Geschäftsanteiles. Die Höhe des Geschäftsanteiles wurde auf 100 RM festgesetzt, die Haftsumme für diesen auf maximal 800 RM.5

 

1. Ausführlich ten Haaf, Hermann-Josef: Kreditgenossenschaften im „Dritten Reich“. Bankwirtschaftliche Selbsthilfe und demokratische Selbstverwaltung in der Diktatur (Stuttgarter historische Studien zur Landes- und Wirtschaftsgeschichte 16), Ostfildern 2011.

2. http://www.denkmalprojekt.org/2010/georgsmh_kl_oesede_gb_st_clemens_wk2_ns.htm.

3. 100 Jahre Volksbank GM-Hütte-Hagen, 1994, S. 53f.

4. Ebd., S. 55.

5. Ebd., S. 56.