Fehlten uns doch noch so unglaublich viele historische Akten…
Unser Dranbleiben wurde belohnt: Brenda Wegner, Mitarbeiterin aus der Revisionsabteilung der Volksbank, ist regelmäßig in allen Abteilungen und Geschäftsstellen der Bank unterwegs. Jetzt fand sie in einem alten Schrank noch weitere Dokumente zur Gründungsgeschichte der Spar und Darlehnskasse Kloster Oesede. Darunter das Protokoll der Generalversammlung vom 20. Februar 1900, der ersten, regulären Versammlung nach der Gründung.

Generalversammlungsprotokolle und noch mehr
Die Generalversammlung der Spar und Darlehnskasse zu Kloster Oesede fand „auf dem Himmermannschen Saale“ (gemeint ist vermutlich der Saal in der Gastwirtschaft von Heinrich Himmermann) am 20. Februar 1900 statt. Der „Vorsitzende des Vorstandes Herr Franz Hüsing eröffnete die Versammlung um 4 ½  Uhr“. Er ernannte den Lehrer Gatzemeier zum Schriftführer und zu Stimmzählern die Colone (Bauern) Eberhard Teupe und Fritz Suttmeier und „erteilte Herrn Wanderlehrer Fricke aus Hannover zum Rechenschaftsbericht das Wort“.

Protokoll vom 20. Februar 1900 – jetzt gefunden 🙂

Wanderlehrer zur Verbreitung des Genossenschaftsgedankens
Dass der Wanderlehrer Fricke auch hier in der Region gewirkt hat, war für uns bisher neu. Hinlänglich bekannt ist, dass August Fricke im Emsland sehr engagiert war, dort viele Spar und Darlehnskassen initiierte oder deren Gründung fachlich begleitete.

Es war eine typische Vorgehensweise der Genossenschaftsverbände, beziehungsweise der Landwirtschaftskammern und ihrer institutionellen Vorgänger, die Genossenschaftsidee mit Hilfe von Wanderlehrern in die ländliche Bevölkerung zu tragen. Ein wichtiger Schritt im Verbandsgebiet Hannover war die probeweise Anstellung eines ersten Wanderlehrers zur „Förderung der Lebensversicherung, der Raiffeisen Darlehnskassenvereine und der landwirtschaftlichen Konsumvereine“ 1885. Dass nun der erste Wanderlehrer seine Aufgabe nicht hinreichend erfüllen konnte, tat der Idee keinen Abbruch mittels Wanderlehrern die genossenschaftliche Idee unter der ländlichen Bevölkerung zu verbreiten: Im Februar 1886 trat dann August Fricke seinen Dienst als Wanderlehrer an (bis 1914 tätig).

Nicht nur die Unternehmensgeschichte der Bank erforschen, auch wirtschaftshistorische und genossenschaftsgeschichtliche Zusammenhänge erschließen
Spannend ist in diesem Zusammenhang, wie damals die Weitergabe von Informationen funktionierte, wie Wissen und Ansichten transportiert wurden und die ‚Ausbildung‘ der Wanderlehrer ablief: Was genau ein Wanderlehrer zu tun hatte, konnte Fricke von Martin Faßbender lernen. Martin Faßbender stammte aus dem Rheinland hatte dort bereits beim Raiffeisenverband in Neuwied gearbeitet, kannte sich bestens mit Buchführung und Revisionsaufgaben aus. Später ging er nach Westfalen und hatte dort nicht unwesentlichen Einfluss auf die Verbreitung des Genossenschaftswesen. Unter anderem stammte aus seiner Feder eine Anleitung zur „Gründung und Geschäftsführung“ von Kreditgenossenschaften. Auch unterstützen der Ökonomierat Karl Boysen aus Kiel (Generalsekretär des landwirtschaftlichen Hauptvereines in Kiel) und Wilhelm Biernatzki (Geschäftsführer des Verbandes schleswig-holsteinischer landwirtschaftlicher Konsumvereine) Fricke. An dieser Stelle möchten wir gerne auf den Blog der Grafschafter Volksbank eG verweisen. Dort wird die (Gründungs-)Geschichte der Kreditgenossenschaften im Geschäftsgebiet dieser Bank nachgezeichnet. Hier finden Sie einige Informationen auch zu August Fricke und seinem Nachfolger Wanderlehrer Rudolf Rühling.

Weitergabe von Wissen – Anleitung zur gründung und Führung von Genossenschaften

DANKESCHÖN
Für uns war dieser Fund ein freudiges Ereignis, zumal wir zu Beginn der Recherchen zum Jubiläumsjahrs schon fast die Hoffnung aufgegeben hatten, weitere historischen Akten, insbesondere aus der Gründungsphase zu finden. Ein ganz dickes Dankeschön an Brenda Wegner von der Volksbank, dass sie nicht locker gelassen hat, bei Besuchen auf den Geschäftsstellen immer wieder nachgefragt hat, mal einfach ein paar vermeintlich vergessene Schränke in Kellern geöffnet hat, und nicht zuletzt immer wieder in Gesprächen mit Kollegen nachgebohrt hat.

Brenda Wegner (VB GHB) mit den jetzt entdecken historischen Schätzchen